In Deutschland lebende Jugendliche mit türkischen Wurzeln machen trotz deutschem Schulabschluss nur zu etwa einem Drittel im Anschluss eine Ausbildung. Zu diesem Ergebnis kam eine in NRW durchgeführte Studie. Der Anteil von türkischstämmigen Frauen mit abgeschlossener Ausbildung liegt sogar nur bei einem Fünftel der türkischstämmigen Schulabgängerinnen. Überraschenderweise ist der Anteil von Türkischstämmigen ohne Ausbildung in der zweiten Generation mit 31,95 % geringer als der Anteil von 46,3 % in der dritten Generation. Es scheint also einen Negativtrend zu geben, was die Ausbildungssituation betrifft. Dies wirft die Frage auf, was zu dieser Entwicklung führt.
Ein Grund dafür, dass Kinder aus türkischstämmigen Familien seltener eine Ausbildung machen als Kinder aus Familien mit deutschen Wurzeln, ist, dass ihre Schulabschlüsse durchschnittlich deutlich schlechter ausfallen als der Gesamtdurchschnitt aller Absolventen. Eltern, die nicht selbst das deutsche Schul- und Bildungssystem durchlaufen haben, haben oft Schwierigkeiten ihre Kindern diesbezüglich unterstützen und beispielsweise regelmäßig bei den Hausaufgaben helfen zu können. Eventuelle Sprachschwierigkeiten verstärken dies noch.
Ein weiterer wichtiger Grund für schlechtere schulische Bewertungen sind häufig Vorurteile von Lehrern türkischstämmigen Schülern gegenüber. Die Universität Mannheim stellte in einer Studie fest, dass Kinder mit Migrationshintergrund in Mathe schlechter bewertet wurden als Kinder aus deutschstämmigen Familien. Trotz standardisierter Tests und gleicher Leistung bekamen die Schüler mit Migrationshintergrund deutlich schlechtere Noten, die Lehrer trauten ihnen einfach weniger zu.
Zudem gibt es immer noch sehr wenige Lehrer in Deutschland, die selbst einen Migrationshintergrund haben und damit die Situation von Kindern mit ausländischen Wurzeln und dem Aufwachsen in zwei verschieden Kulturen und Sprachen aus eigener Erfahrung nachvollziehen können. Positiv zu bewerten ist, dass die Anzahl türkischstämmiger Abiturienten von 11 % im Jahr 2007 auf 16 % im Jahr 2015 gestiegen ist.
Eine Studie von 2014 zeigt, dass in der Wirtschaft Lehrlinge mit deutschen Vornamen bevorzugt werden. Schüler mit türkischen Vornamen müssen weit mehr Zeit mit dem Durchsuchen von Stellenbörsen und dem Schreiben von Bewerbungen verbringen, um zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Eine Versuchsreihe, in der sich Schüler mit und ohne Migrationshintergrund mit identischen Qualifikationen bewarben, zeigte, dass Diskriminierungen vor allem bei kleineren Betrieben mit weniger als sechs Angestellten vorkommen. Bei Frauen wirkt zudem häufig das Kopftuch als Einstellungshemmnis: Noch immer wird das Tragen eines Kopftuchs fälschlich mit unzulänglichen deutschen Sprachkenntnissen und mangelnder Integrationsbereitschaft verbunden. Bei Akademikern mit türkischer Abstammung dauert es im Durchschnitt 2-3 Jahre bis zum Einstieg ins Berufsleben. Dies führt zu einer hohen Frustrationsrate und damit verbundener hoher Abwanderung ins Ausland. Dieser sogenannte Brain Drain, d. h. eine Abwanderung gut ausgebildeter Akademiker stellt einen großen Verlust für den deutschen Arbeitsmarkt da.
Ein Versuch, die Chancen türkischstämmiger Jugendlicher bei Ausbildung und Beruf zu verbessern sind die Deutsch-Türkischen Ausbildungsmessen, die es bundesweit in verschiedenen Städten gibt. Bei der bereits zweiten Deutsch-Türkischen Ausbildungsmesse in Berlin waren mit Handel, Handwerk, Industrie und Tourismus alle großen Wirtschaftsbranchen vertreten und gaben Informationen zu Ausbildungsinhalt und Bewerbungsverfahren. Die hier vertretenen Unternehmen zeigen, dass Diskriminierung längst nicht überall in der Wirtschaft vertreten ist und viele Betriebe Auszubildende mit Migrationshintergrund mit ihren oft hervorragenden interkulturellen Kompetenzen und Sprachkenntnissen zu schätzen wissen. Mit rund 600 freien Ausbildungsstellen in 150 Berufen war die Messe zudem auch eine praktische Stellenbörse für Interessenten.